Ein Rückblick auf die zweite Teilnahme als Schiedsrichter bei der Little League Baseball World Series 2024

Ich wurde ein zweites Mal nominiert, als Schiedsrichter bei der Little League World Series, die Anfang August 2024 bei San Francisco stattfand, auf dem Platz zu stehen. Little League, da treten Spieler in verschiedenen Altersbereichen an. Jährlich bewerben sich dort über 15.000 Schiedsrichter aus allen Nationen, und als Deutscher bei solch einem hochrangigen Turnier im Heimatland des Baseballs mitwirken zu dürfen, ist fast aussichtlos. Das ist die höchste Auszeichnung für einen Schiedsrichter, und die Nominierung erfolgt im Wesentlichen nur einmal im Leben.

Der Auswahl- und Nominierungsprozess ist streng geregelt. Little League schreibt hierzu: „The selection process to become a World Series umpire is lengthy and rigorous. (…) Little League’s nine regional offices then consider all nominated umpires before selecting those who most closely meet the selection criteria. (…) Appointment as a member of the umpiring crew for a World Series is the highest honor that Little League can bestow on a volunteer umpire (…).

Ziel und Traum der meisten Schiedsrichter ist die Nominierung und Teilnahme bei den Little League Baseball World Series. Dieser wurde nach jahrelangem Einsatz, Qualifikationen sowie Teilnahme an Umpire-Schools und Schiedsrichterfortbildungen durch die Nominierung im Jahr 2019 erstmals gekrönt. Dabei war ich schon damals der Einzige der 16 nominierten Schiedsrichter, der die Region Europa-Afrika vertreten durfte und insgesamt erst der 5. deutsche Schiedsrichter, dem diese Ehre erteilt wurde. Durch die erneute Nominierung darf ich mich nun zu dem elitären Kreis der weltweit etwa 150 Schiedsrichter zählen, und bin zudem der erste deutsche Schiedsrichter, dem die Ehre einer zweiten Nominierung zuteilwurde.

Die Spiele

An den ersten Tagen hatte ich pro Tag zwei Einsätze, da das Teilnehmerfeld noch groß war, an den Folgetagen nahmen die Einsatzzeiten ab, und es wurde auch so geplant, dass ich einige Zeit mit meiner Familie verbringen und wir gemeinsam was unternehmen konnten.

Alle Schiedsrichter haben einen großartigen Job gemacht, es gab auch hier den Videobeweis, der mehrfach zur Anwendung kam und die meisten Entscheidungen der Schiedsrichter blieben bestehen. Dabei werden etwaige Entscheidungen nach einem Videobeweis von den Offiziellen an den Bildschirmen herbeigeführt und nicht vom Schiedsrichter auf dem Platz. Bei mir waren es zwei Überprüfungen von Entscheidungen, die beide nach dem Videobeweis bestätigt wurden.

Respekt wird großgeschrieben

Was aber vor allem beeindruckend war: der Respekt voreinander und miteinander. Wenn die Schiedsrichter vor jedem Spiel einzeln angesagt werden und es applaudiert wird, wenn beim Weg zum Feld und nach den Spielen zur Umkleide durch die Zuschauer- und Spielertrauben einem für die Leistung gratuliert und applaudiert wird. Vor allem aber der respektvolle Umgang des asiatischen Vertreters aus Taiwan: jeder begrüßt den Hauptschiedsrichter an der Homeplate, wenn er zum ersten Mal an den Schlag kommt, entweder mit Händedruck, Verbeugung oder einem kurzen Griff an den Helm, als ob man ihn abnehmen will, als Ausdruck des Respekts.

Generell wird beim Baseball in den USA Respekt ganz großgeschrieben. Es ist sogar verboten, andere auszulachen oder zu beschimpfen. Das eigene Team und die anderen Spieler dürfen und sollen angefeuert werden und alle Entscheidungen der Umpire sind zu akzeptieren. Das steht auch in den Statuten der Little League, zu deren Zielen auch neben dem reinen Spaß erzieherische Ansätze, wie das Erlernen von Teamwork, Sportsgeist und Fairness, zählen.

Aufgaben eines Umpires (Bezeichnung des Schiedsrichters im Baseball)

Während eines normalen deutschen Baseballspiels sind mindestens zwei Umpire auf dem Spielfeld (je nach Liga und Relevanz des Spiels auch bis zu 3 oder 4 Umpire). Während der eine mit viel Schutzausrüstung direkt hinter dem Catcher (dem Fänger) steht und bei jedem Wurf entscheidet, ob der Ball ein guter (Strike) oder ein schlechter war, steht der andere anfangs an der Linie. Dieser Umpire wechselt seine Position, sobald ein Läufer auf dem Spielfeld ist, um bessere Sicht auf die Bases zu haben, die vom Läufer angelaufen werden.

Das Besondere bei der World Series ist, dass alle Spiele mit 4 Schiedsrichtern stattfinden. Einer hinter dem Catcher (Plate Umpire) und je einer an den drei Bases.

Bei der diesjährigen World Series hatte ich die meisten Einsätze aller 14 nominierten Kollegen. Als Höhepunkte durfte ich das Halbfinale (das Finale um den Gewinner der US-amerikanischen Mannschaften) als Hauptschiedsrichter hinter der Homeplate leiten und war als erster Europäer und Deutscher Teil der Final-Crew an der 1. Base.

Das Wetter

Das Wetter ist nun mal bei einer Sportart im Freien ein wesentlicher Faktor und auch hier wurde uns allen gut in die Karten gespielt, zumal es in Kalifornien im Sommer ohnehin kaum regnet. Viel Sonne und Temperaturen um die 30 Grad waren Baseballwetter vom Feinsten.

Das Drumherum

Das Gelände war überschaubar und familienfreundlich. Es gab einen abgegrenzten Bereich für die Offiziellen, wo sich auch die Familien aufhalten durften, der Zutritt war für alle kostenfrei, und die Sicherheit wurde durch die Präsenz der ortsansässigen Polizei gewährt.

Als interessanter und besonderer Aspekt bei dem diesjährigen Turnier war, dass sich erstmals ein deutsches Team [Distrikt Südwest aus der Region Mannheim/Mainz/Stuttgart] als Sieger des Europa-Afrika-Qualifikationsturniers und somit als Vertreter der Region Europe-Africa für die Teilnahme an einer World Series qualifiziert hatte. Es kam also zu einem Wiedersehen mit

bekannten Gesichtern, da die Atomics gegen einige der Vereine und deren Spieler in der Liga des Baden-Württembergischen Baseballverbandes spielen und es wurde vermehrt deutsch gesprochen auf dem Gelände.

Und es ging noch weiter: ein Schiedsrichter-Kollege, mit dem ich gemeinsam bei der World Series 2019 war, kam, um mir einen Besuch abzustatten und mich nach 5 Jahren wiederzusehen. Ein Spieler aus Mainz (man kennt sich aus der 1. Bundesliga), der mit seiner US-amerikanischen Frau, die aus der Gegend kommt und dort deren Familie besuchte, kam zum Zuschauen und Anfeuern der deutschen Mannschaft. Der Papa eines Spielers der deutschen Mannschaft war mit dem Team angereist, und wir haben uns nach über 20 Jahren wiedergesehen. Der Coach des späteren World Series Gewinners war auch der Coach der Siegermannschaft von 2019, und auch wir haben uns nach 5 Jahren wiedererkannt.

Die Familie

Ich hatte erneut das unfassbare Glück, diese Reise mit den Eindrücken und Erlebnissen mit meiner Familie teilen zu dürfen, was das Ganze zu etwas noch Besonderem gemacht hat. Die Freude und Begeisterung in den Augen und die täglichen Schilderungen der Kinder über das Erlebte waren eine Wohltat. Und dann eben noch die freie Zeit miteinander, sei es bei Ausflügen nach San Francisco, das Shoppen, die Besuche diverser Profibaseballspiele in den dafür gebauten Stadien und die Reise vor und nach dem Turnier brachten unvergessliche Momente neben den Eindrücken als Schiedsrichter, die mir und uns keiner mehr nehmen kann.

Die Reise

Wir nutzten die Möglichkeit und flogen bereits vor dem Turnier nach San Diego und fuhren von dort die Küste entlang durch Los Angeles und Santa Barbara nach Livermore und nach dem Turnier durchquerten wir mit einem Wohnmobil diverse Nationalparks des Südwestens der USA, verbunden mit einem Zwischenstopp inkl. Übernachtung in Las Vegas.

Die Organisation Little League

Die Little League ist eine in den USA gegründete Nachwuchsorganisation im Baseball und Softball für Kinder im Alter von 5 bis 18 Jahren weltweit, aber vorrangig in den USA. In den verschiedenen Altersgruppen gibt es jeweils eine World Series an verschiedenen Orten. Das Turnier kann verglichen werden mit einer Weltmeisterschaft.

Es nehmen bis zu 20 Mannschaften teil, wobei die Hälfte davon aus verschiedenen Regionen der USA kommen. Die amerikanischen sowie die Mannschaften aus den anderen international festgelegten Regionen spielen zuerst einmal in ihrer Gruppe den Meister aus. Im Finale treffen dann die beiden Sieger aufeinander und spielen um den Titel des World Series Champion. Alle Spiele werden durch die US-Sender ESPN und ABC live übertragen oder gestreamt.

Werdegang

Ich kam Anfang der Neunziger Jahre durch die US-Amerikaner im Heidelberger Raum mit Baseball in Berührung. Als Spieler der Schwetzingen Braves spielte er damals noch gegen die Neuenburger Atomics.

Neben der Begeisterung als Spieler fand ich schnell Gefallen am Schiedsrichterwesen. 1994 erwarb ich meine erste Lizenz und machte 1996 die Little League Lizenz auf der US Airbase in Ramstein. Ich bin seitdem als Schiedsrichter aktiv, habe sämtliche Ausbildungsstufen durchlaufen bis hin zur höchsten deutschen und europäischen Schiedsrichterlizenz und bin einer von 86 aktiven Erstbundesligaschiedsrichtern des deutschen Baseball- und Softball Verbandes. Dazu gehöre ich zu den 10 deutschen Schiedsrichtern, die für die Weltbaseballorganisation (WBSC) international tätig sind.

Mit Erwerben der Schiedsrichterlizenz der Little League Organisation 1996 in Ramstein habe ich in den vergangenen Jahren neben unzähligen Spielen verschiedene nationale Meisterschaftsspiele sowie Spiele bei den Europa-Afrika-Meisterschaften geleitet.

Von Ende März bis Anfang Oktober läuft in Deutschland die Baseballsaison durchgehend ohne Sommerpause, doch ich achte darauf, auch Max zu unterstützen, der selbst in der Atomics-Jugend spielt.

Am naheliegendsten sind für mich als Schiedsrichter natürlich die Einsätze in der 2. Bundesliga in Neuenburg, doch fahre ich auch zu Spielen der 1. Bundesliga, die beispielsweise in Stuttgart, Mainz oder Heidenheim stattfinden. Und auch Einsätze bis nach München oder Regensburg gehören hin und wieder dazu.

Daneben bin ich im Deutschen Baseball und Softball Verband als Chefeinteiler für die Schiedsrichteransetzungen für die Spiele der 1. und 2. Bundesliga Baseball und somit gesamtverantwortlich für die Einteilungen der Schiedsrichtercrews aller über 1.000 Baseball- und Softballspiele in der Saison. Ich bin in diesem Amt Ansprechpartner für alle Schiedsrichter und ist Verbindungsperson zum Ligaobmann der DBV-Geschäftsstelle, wenn es etwa um Spielverlegungen, Neuansetzungen oder Nachholspiele geht. Außerdem entscheide ich mit, wer für die Nachwuchs-Events nominiert wird, stimme mich eng mit dem Schiedsrichterausbilder des Verbandes ab und bin zuständig und mitverantwortlich für die Einteilung der Schiedsrichter für die ¼, ½ und Finalspiele um die deutsche Baseball-Herren-Meisterschaft sowie des Deutschlandpokals.

Wer also Interesse hat, Schiedsrichter im Baseball zu werden, darf jederzeit gerne auf mich zukommen und mich mit Fragen löchern. Auch wir „Men in black“ oder „Blue“ genannt (bezogen auf die Farben der Polos) brauchen Nachwuchs.